7
Sep
2006

:: bei mir wars so

ich habe mal wieder keine nachrichten gehört, ich hasse radio. irgendwie war das ein stressiger tag, ich glaube ich hab grad einkäufe in den 3. stock hochgeschleppt und dann bekam ich einen anruf von meiner besten freundin, ob ich das schon im fernsehen gesehn habe mit den flugzeugen. und dass die welt angegriffen wird. so irgendwie. und wir machten den fernseher an. überall diese bilder. und diese panik. auf der ganzen welt. und sass da stundenlang, sprachlos. aber ich habe nicht geweint. irgendwie konnte ich da nicht weinen.

Eigentlich wollte ich nur die Wohnung aufräumen...

Es ist in der Tat so, daß ich mich, wie jeder andere wohl auch, sehr gut an den 11. September erinnern kann. Bisher habe ich diese Erinnerungen nicht aufgeschrieben. Werde das aber nun nachholen, nachdem ich dieses Blog durch Zufall gefunden habe, weil ich mich gerade, knapp 5 Jahre danach, wieder damit befasse.

Damals am 11. September 2001 war ich noch im Schichtdienst tätig. An diesem Tag hatte ich Frühschicht, um 14 Uhr deutscher Zeit (8 Uhr New Yorker Zeit) hatte ich Feierabend. Bis nach Hause waren es knapp 60 km. Um ca. 14:45 Uhr kam ich wie immer zu Hause an. Eigentlich wollte ich den Rest des Tages sinnvoll nutzen. Frühschicht bedeutet immer, der Rest des Nachmittages steht noch zur Verfügung für Besorgungen und so was oder man kann in aller Ruhe zu Hause was tun.

Nachdem ich in meiner Wohnung war ging ich ins Wohnzimmer. Dort wollte ich mit dem Aufräumen anfangen. Da aber mit Musik alles besser geht, habe ich den Fernseher so gegen 14:50 Uhr eingeschaltet. Da war noch alles in Ordnung. Mein Programmziel war einer der Musiksender wie VIVA, VIVA2 bzw. MTV. Ich wollte mich einfach nur berieseln lassen, wenn ich die Bude auf Vordermann bringe. Da ich diese Sender eigentlich recht selten anschaue und sie irgendwo hinten auf der Fernbedienung sind, habe ich mich von vorne an durchgezappt. Und da ich die Sender nach dem System "Sparten" sortiert habe und die Sparte "Nachrichten" vor den ganzen dritten Programmen und kleinen Sendern kommt, bin ich also um kurz vor 15 Uhr bei n-tv hängen geblieben. Dort war das Programm schon unterbrochen. Man sah den ersten brennenden Turm von einer entfernten Kamera (ich schätze mal vom Empire State Building aus) aufgenommen. Ich dachte im ersten Moment es läuft wieder einer dieser unsäglichen "Dokus", die sich mit den unmöglichsten Themen befassen und diesmal sind die Twin-Towers dran, wenn es ganz oben brennt.

Erst ein paar Sekunden später realisierte ich, daß da im Bild auch "Live" stand und noch ein paar Sekunden dauerte es, bis ich es denn auch kapiert hatte, daß das ein Live-Bild aus NY war. Zumal der Sprecher da irgendwas von einem tragischen Unfall erzählte, ein Flugzeug wäre ins WTC geflogen usw. Ich schaltete dann mal auf die direkt daneben liegenden Kanäle von N24 sowie CNN, Fox News und einiger anderer über Satellit zu empfangender Nachrichten-Kanäle. Alle zeigten die Twin Towers aus irgendeiner Perspektive. Damit war das Aufräumen vergessen, ich schaltete im Prinzip im Abstand weniger Sekunden hin und her, blieb am Ende aber bei den Bildern von n-tv.

Es war jetzt kurz nach 15 Uhr und ich saß nun vor dem Fernseher und saugte Informationen auf, als das zweite Flugzeug sich näherte und in den Südturm ballerte. Ich saß wie versteinert vor dem Fernseher ob dieser Bilder. Bis dahin wurde ja von einem Unfall gesprochen. Mir war schlagartig klar, daß dort gerade entweder ein Terror-Anschlag von statten geht oder ein militärischer Angriff auf die USA. Ich schaute eine Weile weiter, wie die Moderatoren verzweifelt versuchten, diese Geschehnisse zu interpretieren. Später zappte ich nochmals durch und stellte fest, daß nun auch die anderen Sender (öffentlich-rechtliche und private) ihr Programm unterbrochen haben. Ich nahm den Telefonhörer zur Hand und wählte so ziemlich das ganze Telefonbuch durch. Die wenigen Leute, die ich zu Hause erreichte, hatten den Fernseher nicht an. Ich sagte ihnen, dies aber zu tun, weil gerade auf allen Sendern die gleichen Bilder laufen. Nachdem ich dann den zweiten Flugzeug-Einschlag im Fernsehen gesehen habe, sah man die beiden Türme wie rauchende Fackeln im Himmel stehen. Mir war eigentlich recht schnell klar, daß, wenn die das Feuer nicht in den Griff kriegen, zumindest die oberen Teile einsturzgefährdet sind. Einfach aufgrund der Tatsache, daß der Stahl mürbe wird und irgendwann nachgibt. Ja, und so ist es dann ja auch passiert. Diese Bilder werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Mittlerweile waren ja alle Sender auf Sendung und hatten ihre gesamte Übertragungstechnik zur Verfügung. Herangezoomt, in Zeitlupe, aus verschiedenen Perspektiven in der Nachbereitung sah man die Türme zerbersten. Wie die oberen Etagen einknickten und die Luft aus dem einstürzenden Gebäude gedrückt wurde. Wie die große Antenne auf dem Dach im Schutt und Rauch versank. Und mit ihr tausende von Menschen, die oberhalb der Feuer gefangen waren. Auch das war mir klar, daß so ein Einschlag eines Verkehrsflugzeuges die Infrastruktur der betroffenen Etagen total zerstört und der Fluchtweg nach unten abgeschlossen ist. Sowohl über die Feuertreppen als auch über Aufzüge. Mir war klar, daß da hunderte, wenn nicht tausende von Menschen noch im Gebäude waren, als es zusammenbrach. Vorher sind ja schon Menschen durch eingeschlagene Fenster mehr oder weniger "freiwillig" in den Tod gesprungen, vor der Wahl zwischen verbrennen, ersticken oder erschlagen werden. Oder dem kurzen und schmerzlosen Tod nach ca. 400 Metern freier Fall. Erschütternde Bilder waren da zu sehen.

Im Laufe des Nachmittags kamen dann noch andere Bilder hinzu, wo man die Einschläge aus anderen Perspektiven sehen konnte. Auch wurde dann über die anderen Abstürze berichtet am Pentagon und irgendwo mitten in der Prärie. Es stürzten in sehr kurzer Zeit wahnsinnig viele Informationen auf einen ein. Ich für meinen Teil war so geschockt, daß ich gar nicht in der Lage war, alles auf einmal und sofort zu verarbeiten. Deshalb saß ich auch den ganzen Nachmittag vor dem Fernseher. Nach dem Ende der Terror-Anschläge gab es ja an sich keine neuen Informationen, sondern die Bilder wurden immer wieder wiederholt. Es kamen mehr Hintergrund-Infos dazu, von wo die Flüge kamen, welche Fluggesellschaften usw.Aber die Wiederholung der Sequenzen führte dazu, daß man die Informationen nacheinander und nicht gleichzeitig aufnehmen konnte. Später schaltete ich zum Klöppel nach RTL um. Seine Art war ruhiger und besonner und nicht so hektisch in der Berichterstattung wie auf n-tv. Meine Eltern waren in Urlaub, die erreichte ich erst nach zig Versuchen auf dem Handy. Auch funktionierte teilweise das Festnetz nicht. Kein Wunder, wenn abends Millionen Leute nach Hause kommen, das erfahren und dann zum Hörer greifen.

Die Zeit verging, ohne das man es merkte. Irgendwann ging das Telefon und ein Freund war dran. Ob ich heute abend ins Stadion gehen würde. An diesem Abend spielte die Champions-League und mein Verein war das erste mal dabei. Ich rang mich durch, dort hin zu gehen, obwohl ich lieber vor dem Fernseher geblieben wäre. Im Nachgang bereute ich meine Entscheidung. Und das nicht nur, weil mein Verein verloren hat. Nein, erstens ist ein vollbesetztes Fußballstadion auch ein prädestiniertes Ziel für Terroristen. Zweitens war das schon ziemlich fremdartig an diesem Abend. Man hörte das Raunen der Zuschauer, es gab nur ein Thema. Fußball war völlig nebensächlich und die angestrebte Ablenkung von den Geschehnissen des Tages fand nicht statt. Es kam nicht einmal auch nur ansatzweise wie so etwas wie Stadionatmosphäre auf. Einige hatten amerikanische Flaggen dabei, andere Stimmen waren, wie auch schon in anderen Beiträgen zu lesen, "wurde Zeit, daß den Amis das auch mal passiert ist" usw. Nun ja, die "Amis" haben mit Sicherheit nicht alles richtig gemacht in der damaligen jüngeren Vergangenheit. Das rechtfertigt aber nicht diese Denkweise. Aber das nur nebenbei. Eigentlich habe ich das Spiel gar nicht richtig realisiert. Weil ich völlig apathisch in meinem Sitz saß und mich mit meinen Nachbarn mehr oder weniger unterhalten habe. Nach dem Spiel ist man dann wieder raus aus dem Stadion und schweigend nach Hause gefahren. Kein Zoff in der Straßenbahn, kein Gesinge... nichts. Ich bin dann irgendwann in der Nacht ins Bett, weil ich ja anderntags wieder zur Frühschicht mußte.

Das war mein persönlicher 11. September 2001. Der Tag, der die Welt veränderte.

Und eins möchte ich abschließend anmerken: Im Sommer 2001 ergatterte ich für meinen Vater und mich zwei billige Flüge nach New York (knapp über 700 DM mit Delta) für die Weihnachtszeit. Hotel war über Internet gebucht, alles in trockenen Tüchern. Was habe ich mich darauf gefreut. Das erste mal in meinem Leben in die USA, Ziel New York. Und dann noch zum Weinachts-Shopping. Das war für mich ein Traum. Auch wollten wir auf die Twin Towers besuchen und das "Windows of the world".

Leider wurde daraus nichts. Die Zwilligstürme standen nicht mehr, weil sie von Terroristen weggefegt wurden. Natürlich stand im Nachgang des 11. September an, was wir nun tun würden. Stornieren wir die Flüge oder fahren wir trotzdem? Wir sind zu der Überzeugung gekommen, daß es richtig ist, trotzdem zu fliegen. Schon wenige Tage nach dem 11.9. war zu vernehmen, daß die Touristenströme einbrachen. Mein Vater und ich waren (und sind) der Meinung, daß man den Betroffenen am ehesten helfen konnte, wenn man dort hinfährt und Geld ausgibt.

So sind wir also am 19.12.01 nach NY geflogen. Und haben in den Tagen, wo wir da waren, natürlich auch das besucht, was eigentlich unser Highlight werden sollte. Das World Trade Center... bzw. das, was davon über war. Ground Zero war abgesperrt, es gab aber eine provisorische Gedenk-Plattform hinterm Zaun. Der Weg dahin war von Polizisten versperrt. Auf Nachfrage kam man durch. Da wurde wohl nach Freunden der USA sortiert. Denn auf die Nachfrage wo man herkäme ("from Germany") wurde man sofort durchgelassen. Das war das Podest, wo u. a. die Feuerwehr-Leute und Polizisten getrauert haben. Was ich da gesehen habe, hat mich noch mehr erschüttert als dieser riesige Trümmerberg, der von dort aus in seinem ganzen Ausmaß zu sehen war. Ich sah dort Männer in ihren Polizei- oder Feuerwehr-Uniformen. Männer wie Bäume, die geweint haben wie kleine Kinder in der Trauer um ihre Kollegen. Erst da wurde mir die ganze menschliche Tragödie dieses Ereignisses klar.
9/11

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